Rat für Migration verurteilt die Kriminalisierung von Flüchtlingshilfe in Ungarn

Wer Schutzsuchende unterstützt, muss in Ungarn zukünftig mit hohen Strafen rechnen. Ein entsprechendes Gesetz soll heute voraussichtlich im ungarischen Parlament verabschiedet werden. Der Rat für Migration verurteilt das Gesetzesvorhaben. Es ist nicht hinnehmbar, dass Organisationen, Privatpersonen und Anwälten, die sich für die Rechte von Flüchtlingen einsetzen, Gefängnisstrafen drohen.

Das auch als „Stop-Soros-Gesetz“ bezeichnete Gesetzesvorhaben ist der jüngste Höhepunkt einer Kampagne gegen den ungarisch-stämmigen Investor und Holocaustüberlebenden George Soros. Dieser fördere, so die Behauptung der ungarischen Regierung, gezielt NGOs, um eine „Invasion“ von Millionen muslimischer Einwandererinnen und Einwanderern nach Ungarn bzw. Europa herbeizuführen. Diese Behauptung wird bereits seit dem vergangenen Sommer landesweit auf Plakaten und in TV-Spots verbreitet, die von der Regierung finanziert werden. Wegen der Bedrohung durch das geplante Gesetz erklärte die von George Soros gegründete Open Society Foundations unlängst ihren Umzug von Budapest nach Berlin. Auch die renommierte Central European University steht unter massivem Druck und zieht einen Umzug nach Wien in Betracht.

Mit großer Sorge nimmt der Rat für Migration zur Kenntnis, dass Mitarbeitende von Organisationen und Institutionen, ebenso wie Privatpersonen, sogar mit Gefängnisstrafen rechnen müssen, falls sie sich für die Rechte von Geflüchteten einsetzen. Strafen drohen, wenn Informationsmaterialien erstellt und verbreitet, Netzwerke gebildet oder Beobachtungen an der Grenze durchgeführt werden. Durch die Kriminalisierung dieses „border monitorings“ zielt die ungarische Regierung wohl darauf ab, kritische Berichterstattung aus der serbisch-ungarischen Grenzregion zu erschweren. In der Vergangenheit hatten unter anderem die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch massive und regelmäßige körperliche Misshandlungen durch die ungarische Polizei im Zuge von Zurückweisungen nach Serbien dokumentiert. Bereits 2016 trat eine Regelung in Kraft, die vorsieht, dass in Ungarn aufgegriffene irreguläre Migrantinnen und Migranten umgehend nach Serbien zurückgeschoben werden – ohne die Möglichkeit, Rechtsmittel einlegen oder einen Asylantrag stellen zu können. Letzteres ist seither ausschließlich in den beiden Transitzonen an der Grenze zu Serbien möglich, in die jedoch fast keine Asylsuchenden mehr eingelassen werden.

Das neue Gesetzesvorhaben stellt eine neue Eskalationsstufe dar, die der Rat für Migration entschieden verurteilt. Es ist nicht hinnehmbar, dass in einem EU-Staat Privatpersonen und Anwälten Gefängnisstrafen drohen, die sich für die Rechte von Flüchtlingen einsetzen, Rechtsverstöße der Behörden dokumentieren oder hiergegen juristisch vorgehen. Wir fordern daher nicht nur die Europäische Kommission, sondern insbesondere auch die EVP-Fraktion im Europäischen Parlament auf, gegenüber der ungarischen Regierung bzw. der Regierungspartei Fidesz nun endlich und umgehend klare rote Linien zu ziehen.

Quelle