PM OVG Sachsen: Abschiebung nach Ungarn wegen systemischer Mängel im dortigen Asylsystem nicht zulässig

Der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts hat heute entschieden (- 4 A 584/16.A -), dass die Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge über die Abschiebung eines irakischen Asylbewerbers nach Ungarn rechtswidrig ist. Die Durchführung von Asylverfahren in Ungarn weise mit der Möglichkeit der Inhaftierung der Asylsuchenden, der Einrichtung von nur nach Serbien hin geöffneten Transitzonen sowie aufgrund der rechtlichen Einschränkungen bei der Prüfung der Asylgründe und der rechtlichen Einordnung Serbiens als sicheren Drittstaat erhebliche Defizite auf. Es sei eine Inhaftierung und anschließende Abschiebung des Asylsuchenden ohne nähere inhaltliche Prüfung seines individuellen Asylvorbringens nach Serbien zu erwarten. Eine Überstellung nach Ungarn verletze den Asylantragsteller damit in seinen Rechten nach der Europäischen Menschenrechtskonvention bzw. der Grundrechte-Charta.

Der Asylbewerber hatte zunächst in Ungarn einen Asylantrag gestellt und danach in Deutschland erneut Asyl beantragt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte diesen Antrag wegen der bereits in Ungarn erfolgten Antragstellung abgelehnt und die Abschiebung nach Ungarn angedroht. Der Klage des Asylbewerbers hatte das Verwaltungsgericht Chemnitz – 4 K 673/15.A – wegen systemischer Mängel im Asylsystems Ungarn stattgegeben. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz hat der Senat mit dem heutigen Urteil bestätigt.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen. Die Beklagte kann binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erheben.

SächsOVG, Urteil vom 6. Juni 2017 – 4 A 584/16.A

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